Freitag, 17. Oktober 2008

Amerika, wie wir es kennen.

I love NY, Times SquareGestern habe ich bei der Bank of America ein Konto eröffnet, damit man mir mein üppiges Gehalt auszahlen kann. Ha ha. Nach der Traumnachricht des ersten Arbeitstags, dass die Praktikantengehälter im September um 200 Dollar angehoben wurden, hatte ich bereits Ambitionen, diese möglicherweise zur Seite zu legen, um sie etwas später bei ausgiebigen Shoppingtouren sinnlos zu verprassen – bis mir heute morgen klar wurde, dass ich mich jüngst bei meiner Budgetkalkulation verrechnet hatte: Das 20er Busticket von New York nach New Jersey kostet mich 130 Dollar. Was ich nicht bedacht hatte: Da ich ja nicht nur zur Arbeit sondern auch wieder zurück fahre, reicht das gerade mal für zehn Arbeitstage, also einen halben Monat. Das sind dann inklusive Subway-Monatsticket 340 Dollar. Das ist ein bisschen mehr als die 210, die ich dafür eingeplant hatte... Ein Glück für die Firma, dass ich mein Praktikum nicht im Controlling mache.

Ein zwar komplett unnötiges, aber doch nettes Gimmick bei der Eröffnung eines Bankkontos ist die freie Auswahl eines Motivs für die Kreditkarte. Man bekommt ein Heft mit diversen Motivvorschlägen vorgelegt. Wer gerne seine weniger pazifistischen Ansichten öffentlich zur Schau trägt, kann aus unzähligen Army-Motiven seinen Lieblingsfeldzug wählen. Sehr beliebt ist auch das Statement „U.S. Pride“ und Ähnliches. Als deutscher Praktikant tendiert man eher zu diplomatischeren Aussagen wie „I love NY“. CARDART-100x63-ECOMM0908ANC00300100120275EN000Welches Motiv ich gewählt habe, erfahrt ihr in zwei Wochen, wenn die Karte fertig ist. Als Online-Marketing Prakti muss ich ja alles geben, um den Traffic hier hoch zu halten.

Vorgestern Abend habe ich mich etwas in Midtown umgesehen. Natürlich musste ich unbedingt auf den Times Square. Ich weiß nicht, ob das meiner Affinität zur Werbung zuzuschreiben ist, oder ob jeder das so beeindruckend findet, wenn alles leuchtet und blinkt und überall riesige Werbeplakate hängen… Ich fand es einzigartig.
Es ist selbst nachts taghell, zu jeder Tages- und Nachtzeit ist etwas los. Es gibt wirklich nichts, das nicht leuchtet. Wer nicht blinkt, wird nicht gesehen. Sogar der Eingang zur Subway sieht aus wie Leuchtreklame. Außenrum die riesigen Wolkenkratzer, höllisch viel Verkehr, Yellow Cabs überall, alle hupen die ganze Zeit, qualmende Gullis, Menschenmassen schieben sich die 7th Ave und den Broadway entlang… Es ist New York, exakt so wie man es kennt.
(Ein paar Bilder gibts im Album "Times Square".)

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Gestern Abend wollte ich eigentlich Bekannte in der 48. Straße besuchen, die dort eine Goldschmiedewerkstatt haben. Es war aber niemand mehr da, also habe ich mich etwas in der Gegend umgesehen. Gleich um die Ecke ist die Radio City Music Hall und das Rockefeller Center. Auf dem Rockefeller Plaza ist schon die berühmte Eisfläche geöffnet. Leider hatte ich keinen Fotoapparat dabei und konnte nur ein schlechtes Foto mit dem Handy machen. Aber ich bin ja noch ein paar Tage hier und die Fotos werden auf jeden Fall nachgeliefert. Spätestens dann, wenn in sechs Wochen auch der große Weihnachtsbaum steht.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

New York, New York.

Bei der Arbeit fühlt es sich eher an wie “Stuttgart, Stuttgart”. An jeder Ecke wird Deutsch gesprochen und ich sitze inmitten lauter deutscher Praktikanten. Und einem Franzosen. Der Ärmste.
Wenigstens besteht mein Team sonst ausschließlich aus Amerikanern, so dass man über den Tag verteilt doch noch ein, zwei Wörter English spricht.

Eine andere Gemeinsamkeit zum letzten Praktikum ist die Problematik mit der technischen Grundausstattung und der Bereitstellung der selbigen. Habe ich in Stuttgart damals noch eine Woche auf meinen Email-Account und andere Zugänge gewartet, kann es hier gut und gerne mal fünf Wochen dauern… Telefon habe ich auch noch keins. Aber einen Computer – und das sei schon ordentlich Anerkennung wert, habe ich mir sagen lassen.
Das ganze Problem mit dem Email-Account besteht darin, dass auf meinem Rechner kein Lotus Notes installiert ist. Wer – wie ich – glaubt, das sei mit einer simplen Installation getan, der liegt falsch. Der ganze Rechner muss nämlich ausgetauscht werden… Ich bin noch nicht sicher, ob ich das verstehen muss.

HighwayDie Fahrt ins Büro, nach Montvale/New Jersey, dauert tatsächlich ca. 90 Minuten, wobei morgens etwas weniger Verkehr ist und die Fahrt dem entsprechend schneller geht.
Ich bin froh, in New York nicht Autofahren zu müssen. Diesen Gedanken hatte ich schon, als ich vom Flughafen abgeholt wurde. Ich hatte ihn noch nicht zu Ende gedacht, als es krachte. Nicht neben uns, nicht hinter uns. Nein - wegen uns! Und es war kein Honda, Hyundai, Kia, Lincoln, Lexus, Toyota, Mitsubishi, Chevrolet, Cadillac, Saab, Chrysler, BMW, Rover, Jeep, Volvo, Nissan, Mazda, Porsche, Audi oder Ford, den wir da mitgenommen hatten. Es war – man mag es ahnen – natürlich ein Mercedes. Nebenbei erwähnt, ein weinroter 300 SE, dem man aber kaum etwas ansah. Gutes Auto.

W 125 St, HarlemMein Apartment liegt in der 129. in Harlem. Es ist winzig, kostet dafür riesig Geld. Für New Yorker Verhältnisse ist es aber immer noch günstig. Ich werde ständig gefragt, ob es nicht zu gefährlich ist, in Harlem zu leben. Der Punkt ist: Ich habe keine Ahnung. Das ist vermutlich auch das Beste, denn so hat man keine Angst und ist trotzdem vorsichtig. Es soll sich aber Einiges gebessert haben. Vor 15 Jahren hätten dort noch keine Weißen gelebt, hat man mir erzählt. Meiner eigenen Schätzung nach sind 9,5 von 10 Leuten, die mir auf der Straße begegnen, Afroamerikaner. Ich muss zugeben, dass es ein komisches Gefühl ist, als einzige Weiße einen gut besuchten Supermarkt zu betreten. Aber das ist meine eigene Unsicherheit, sonst stört sich niemand daran.

W 125 St, Apollo TheaterEs lebt sich hier im Großen und Ganzen nicht viel anders als zu Hause (wenn man das will), nur teurer, größer und anonymer. Allerdings gibt es natürlich erhebliche Unterschiede zwischen der deutschen und amerikanischen Mentalität.

Zwei Erkenntnisse hatte ich bereits in den ersten Tagen hier:
1. (Afro-)Amerikaner sind in der Öffentlichkeit viel lockerer als Deutsche. In Harlem sind mir schon mehrfach lauthals singende Menschen entgegen gekommen. Glücklicherweise hatten sie alle Talent. Aufgrund dieser Lockerheit wird man als Frau auch entsprechend öfter angesprochen als in Deutschland. Man nimmt das hin und polstert damit heimlich sein Ego.
2. Amerikaner bringen die Dinge schneller auf den Punkt. Meine These unterstellt den Deutschen einen gewissen Drang zu ausgeprägter Höflichkeit. Mir ist aufgefallen, dass wir viel kompliziertere Sätze bilden als Amerikaner. Beispiel, im Taxi in der Rush Hour: „Can you already estimate how long the journey approximately will take?“ heißt hier: „When will we arrive?“ Der große Vorteil sich darauf einzustellen ist, dass man weniger Vokabeln braucht. Das macht das Englischsprechen wesentlich einfacher.

Sonntag, 12. Oktober 2008

Shortnews.

arrivalKurzes Update. Habe es tatsaechlich nach New York geschafft und in meinen ersten zwei Tagen hier schon eine Menge Stoff fuer den naechsten Blogeintrag gesammelt. Habe aber leider noch keinen Internetzugang und kann gerade nur fuer ein paar Minuten bei Bekannten an den Rechner.

Aber ich bemuehe mich, "asap" ;) ausfuehrlicher zu berichten. Fuehre derweil brav Offline-Tagebuch.

Up next: Mein Leben in Harlem und erste Erkenntnisse ueber die Unterschiede zwischen Deutschen und Amerikanern. :)

Freitag, 26. September 2008

Sechsfünfzwei.

Mit großen Augen und Herzklopfen stand ich heute Morgen vor dem Security Officer des US Konsulats. Erste Zweifel an meinen Englischkenntnissen stiegen in mir auf, als er mich fragte, ob ich Dinge wie einen "US Beestick" bei mir hätte. Ich hätte schwören können, dass ich so etwas nicht besitze...

Alle Vorabinfos zum US Konsulat hatten mir gehörigen Respekt eingeflößt. Ich sollte mich für das Interview besonders gut vorbereiten, hatte mir meine Sponsororganisation geraten. Mächtig beeindruckt war ich also auf ein Verhör eingestellt, in dem ich in sauberstem Englisch meine Motivation für das Praktikum und - wie im Vorfeld mehrfach von allen Seiten betont - meine feste Absicht, die USA wieder zu verlassen, darzulegen hätte.

consulateDie Realität gestaltete sich wie folgt: Nachdem man die Sicherheitskontrolle passiert und seinen ggf. mitgeführten USB-Stick in Verwahrung gegeben hatte, traf man auf eine junge Dame, die die Unterlagen auf Vollständigkeit durchsah. Obwohl ich für den Fall der Fälle mehr Unterlagen dabei hatte, als eigentlich nötig (möglicherweise würde der Konsulatsbeamte ja spontan mein Jahreszeugnis der 3. Klasse sehen wollen), hatte ich doch tatsächlich vergessen, den Rückumschlag zu frankieren. Mit unfassbar schlechtem Gewissen gestand ich mein Versäumnis. Die junge Dame zeigte unbeeindruckt hinter mich, wo man für Schussel wie mich einen Briefmarkenautomaten aufgestellt hatte. Direkt neben dem Passbildautomaten für noch größere Schussel und dem Rechner zum Ausfüllen der Formulare für alle anderen Blitzbirnen.
Ich wurde gebeten, eine Nummer zu ziehen und erst mal Platz zu nehmen.

Alles spielte sich in einem einzigen Raum von der Größe eines Wohnzimmers ab. Wer gerade nicht an einem der drei Schalter bedient wurde, was neben mir auf ca. 50 Leute zutraf, konnte sich auf einem Großbildfernseher die Biografie von John McCain zu Gemüte führen. Ich fand die Geschichten der Antragsteller viel interessanter. Eine junge Tschechin hatte ihre Antragsformulare von ihrem Freund, einer ganz außerordentlichen Blitzbirne, ausfüllen lassen. Der Beamte am Schalter versuchte verzweifelt, der nur gebrochen Deutsch Sprechenden zu erklären, dass sie für ihre USA-Reise ihre eigenen Daten - und nicht die der Blitzbirne - angeben müsse. Er schickte sie schließlich zurück in den Wartebereich, um den Antrag zu korrigieren. Ich habe sie nicht wieder gesehen.
Noch bevor die Biografie von John McCain zuende war, wurde ich mit der Nummer #652 zum Schalter gerufen, wo zunächst meine Daten und Fingerabdrücke aufgenommen wurden.
Danach durfte ich mich gleich noch einmal setzen, bis meine Nummer zum Interview aufgerufen würde. Die Nervosität wuchs, ich redete mir ein, ja gut vorbereitet zu sein.

Die Reihen lichteten sich langsam. Vier Mal die Biografie von John McCain später wurde #652 zu Schalter #4 gebeten. Es war soweit. Das Interview! Davon hängt alles ab. Wenn ich hier nicht überzeuge, kann ich das Praktikum abschreiben... Ich atmete tief durch und trat vor den Schalter.

Eine Konsulatsbeamtin begrüßte mich freundlich.
"Guten Morgen! Sie machen ein Praktikum bei Mercedes-Benz USA, richtig?"
"Ja, richtig."
"Bekommen Sie dort ein Auto?"
"...Nein."


Die Überlegung, ob ich die Klausel übersehen haben könnte, über ein Auto verfügen zu müssen (man traut den Amerikanern ja Einiges zu), lenkte mich davon ab, erleichtert zu sein, dass die Dame deutsch sprach.

"Sie hätten zu BMW gehen sollen. Dort bekommen die Praktikanten ein Auto. :P"

visaIch war wirklich auf alles vorbereitet. Nur nicht auf Scherze. :)

Die Dame fragte noch nach meinem Studiengang und nahm ein zweites Mal den Abdruck meines rechten Daumens. In dem steckt scheinbar besonders viel kriminelles Potential.

Das Visum ist bewilligt und kommt in den nächsten 2-5 Werktagen!

Donnerstag, 25. September 2008

Eins.

mucMorgen ist mein Termin beim Konsulat in München. Muss noch mal alle Unterlagen durchsehen. Hoffe, dass das Visum rechtzeitig ausgestellt wird. War zu geizig für eine Reiserücktrittsversicherung.

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